Der Hauptsach-Auffe Bergbuchtipp

 Was ich unglaublich gerne neben der ganzen Bewegung, dem Sport und dem Drang Draußen in den Bergen zu sein mache, ist Bücher lesen.

 

Genauer gesagt, Bergbücher, Erfahrungsberichte, Biografien von Bergmenschen, Tourenführer, alte Karten... alles was mir unter die Finger kommt. Und da ist es mir ziemlich egal, wo ich lese. Ob auf der Couch, im Bett, im Auto oder im Bus.

Ein Buch oder eine Karte ist eigentlich immer dabei, wo ich in einer freien Sekunde, wenn ich Unterwegs bin, einen Blick werfen kann.

Hier möchte ich meine Lieblingsbücher, Bücher die mich besonders berührt oder beeinflusst haben, vorstellen. Hier werden neue, ältere aber auch Klassiker unter den Bergbüchern vorgestellt. Viele der Bücher gibt es leider nur noch bei Antiquariate, wo ich für mich persönlich das eine oder andere Schnäppchen gemacht habe. 

 

Viel Spaß bei Lesen meiner Bergbuch-Tipps.


November 2023

 

Wigald Boning

 

Lauf Wigald Lauf

Eher zufällig bin ich auf ein Buch eines bekannten Komikers gestoßen. Beim Schlendern durch einen Buchladen sprang mir der Titel förmlich in die Augen. „LAUF WIGALD LAUF“ hieß es mit schwarzen Lettern auf hellgrünem Hintergrund.

 

Wigald Boning ist ja neben seiner brillanten Comedy unter anderen in „RTL-Samstagnacht“, oder in der Musikgruppe „Die Doofen“ immer wieder mal mit sportlichen Ausdauerleistungen aufgefallen, aber diesmal hatte er sich was richtig Großes vorgenommen. Mitten in der zweiten Welle der Corona Pandemie wurde er von der Politik, wie alle Künstler zur Untätigkeit gezwungen. Irgendwann, um der Frustration zu entgehen, fasste er einen folgenreichen, nachhaltigen Entschluss. Ein Jahr lang wollte er Marathon laufen. 

Die 42,195 Kilometer eines Marathon sind für die überwältigende Mehrheit in Deutschland ein Ding der Unmöglichkeit. Der ausdauererfahrene Sportler wollte aber JEDE Woche einen Marathon laufen. Und dabei kam es Ihm nicht auf irgendwelche Bestzeiten, sondern allein um die Bewegung und das Durchhalten an. Eingebettet in das Leben mit zwei Kleinkindern, der am Anfang noch ruhenden Arbeit und später auf diversen Reisen konnte er schlussendlich haarscharf sein Ziel erreichen. Für das hat er meinen größten Respekt!

In Höchstform zeigt Wigald Boning nicht nur läuferisch, sondern auch sprachlich und humoristisch sein ganzes Können. Mit schönen Anekdoten und einer gehörigen Portion Selbstironie erzählt Boning von einem wirklich bemerkenswerten Projekt, eben das wöchentliche absolvieren eines Marathons - hierbei geht es ihm nicht nur um Gags, „LAUF WIGALD LAUF“ hat durchaus ernste und nachdenkliche Passagen und bietet für alle am Ausdauersport interessierten viele praktische Tipps eines echten Insiders. Wenn man mal von der eher zweifelhaft passenden und extravaganten Sportkleidung absieht…aber das passt ja völlig in Bonings Gesamtkonzept und ist ja quasi sein Markenzeichen. Was soll man sagen, der Erfolg gab ihm ja schlussendlich recht.

Bei all dem versteht es Boning, schlichtweg enorm unterhaltsam zu erzählen. Mein Sportbuch des Jahres.

 

 

Wigald Boning

Lauf Wigald Lauf

Wigald Boning

Gräfe und Unzer Verlag

272 Seiten

 

ISBN: 978-3-8338-8183-1

Juli 2023

 

Marlies Czerny

 

4000Erleben – Von Null auf die höchsten Gipfel der Alpen

Ich bin ja immer auf der Suche nach Bergbüchern, wo ich in die Welt der Berge eintauchen kann und die Bergsteiger-Leidenschaft, die ja zweifellos in jedem selbstgeschriebenen Buch drin steckt, nacherleben kann. Irgendwann bin ich 2019 beim Recherchieren für eine Bergtour in der Schweiz zufällig auf einer Internetseite (Hoch2Media) gelandet. Mit gewaltigen Bildern und eindrücklichen Geschichten berichten hier Marlies Czerny und Andreas Lattner über Ihr besonderes Leben und Ihre Bergtouren. Ich war sofort fasziniert und bestellte Ihr Buch direkt bei Ihnen. Nach ein paar Tagen kam die Post und neben dem Buch waren auch eine Grußkarte und Postkarten mit Ihren Bildern vorne drauf. Nachdem ich die ersten Seiten aufschlug, sah ich die liebe Widmung der Autorin. Ich spürte irgendwie sofort eine Verbindung. Die beiden folgenden Tage waren dann im Zeichen Marlies 4000er Erlebnisse. 

Aber jetzt zum Buch…

Mit dem Vorwort von Gerlinde Kaltenbrunner kann man sich schon von Beginn an denken, wohin die Reise führt. – erfolgreich auf die Berge!

 

Von Ihrem damaligen Chef wurde die zielstrebige Sport-Journalistin zum Urlaub gezwungen und sie konnte sich zu der Zeit nie vorstellen, wie dieser Urlaub sie verändern sollte. Sie begann eher aus Verlegenheit, Langeweile oder weil sie sonst nicht wusste, was Sie tun sollte mit dem Wandern.  Erntete komische Blicke von Freunden aber fand immer mehr Gefallen daran. 

Später folgten dann Hochtouren- und Kletterkurse und dann die Lebensverändernde Reise mit Hermann zum ersten 4000er. Dem Dom! Ja und weil es noch nicht reicht und das Wetter im Wallis nicht mehr gut ist, setzen die beiden die Mont Blanc Überschreitung hintendran. Alles ausgewachsene Hochtouren und bestimmt keine Anfänger 4000er. Gut 48 Stunden später sitzt die Journalistin wieder im Büro.

Aber sie merkt schnell, dass Sie diese Reise verändert hat, sie jetzt anders denkt. Immer öfter werden die hohen Berge der Westalpen Ihr Ziel. Somit änderte sich auch beim Thema Freizeit das Indefinitpronomen von zu viel auf zu wenig. Mit einem Austauschprojekt Ihres Arbeitsgebers mit einer Schweizer Zeitung kommt sie sogar in den Genuss, ohne große Anreise zu Ihren Wunschzielen zu kommen. Jetzt fehlt es nur an einem…an passenden Tourenpartnern. Über eine Tourenplattform sucht Sie im Internet und lernt teilweise gruselige Tourenpartner kennen, mit denen Sie unteranderem die Weismies besteigt. So sammelt Marlies 4000er für 4000er. Nicht nur am Seil hinterherlaufend, sondern mindestens als ebenbürtige und selbstdenkende Seilpartnerin geht die junge Frau Ihren Weg. Dabei kreuzen sich immer wieder mal Ihre Wege mit Andi, in dem Sie sich schließlich verliebt und die letzten 4000er Ihrer Reise besteigt.

 

Ein wunderbares, persönliches und sympathisches Buch über eine Reise, die sich Marlies Czerny so bestimmt nicht vorstellen konnte. Immer wieder faszinierend, wie sich das Leben an Kreuzungen und Weggabelungen ändern kann. Von der gestressten, fokussierten Sportreporterin zur ausgeglichenen und glücklichen Bergsteigerin.

Ein überaus gelungenes Buch bei dem einfach alles stimmt. Ein Thema das viel zum Träumen anregt, eine Autorin, die inspirierend schreiben kann, und Kletter- und Lebenspartner Andreas Lattner, der die einmaligen Skizzen und viele der großartigen Bilder zusteuerte! Was will man mehr an einem Schlechtwetter-Wochenende als tief im Sofa mit Marlies von kommenden 4000er Zielen zu träumen.

 

 

Marlies Czerny

4000Erleben - Von Null auf die höchsten Gipfel der Alpen

Marlies Czerny

Bergwelten

272 Seiten

 

ISBN: 978-3711200006


Juni 2023

 

Jon Krakauer

In eisigen Höhen: Das Drama am Mount Everest

und

Anatoli Boukreev / G. Weston de Walt

 

Der Gipfel

Selten wurde in Bergsteigerkreisen über ein Ereignis im Himalaya so divers diskutiert wie über die Tragödie am Mount Everest 1996. Hier waren am 10. und 11. Mai drei Bergsteiger auf der Nordseite und fünf auf der Südseite in einem Wetterumschwung ums Leben gekommen.

Es kann aber keinesfalls von einem plötzlichen oder überraschenden Wetterumschwung gesprochen werden, wie in vielen Publikationen geschrieben steht. Wetterumschwünge zeichnen sich ab, lange davor. Auch diesen Wetterumschwung hatte man damals auch Tage zuvor kommen sehen, die verschiedenen Basislager hatten diese Information auch an die Hochlager, an die Expeditionsleiter Rob Hall von Adventure Consultants und Scott Fischer von Mountain Madness weitergegeben. Die Leute am Berg wussten von dem Wetterwechsel. Sie hätten ohne Probleme in tiefere Lager absteigen können und so weniger dem grausigem Wetter ausgeliefert gewesen.

Aber verschiedene persönliche, kommerzielle Gründe und auch das teilweise unzureichende Können einiger Kunden ließen die Bergsteiger in Ihr Verderben steigen.

 

In den beiden hier vorgestellten Büchern werden eigentlich zwei verschiedene Geschichten erzählt. Wenn man nicht wüsste, dass es sich um die gleiche Tragödie handelt, könnte man meinen, zumindest ab den Ereignissen am Südsattel, dass von zwei verschiedenen Expeditionen gesprochen wird. Ich habe beide Bücher mehrmals gelesen und ich weiß nicht welche Geschichte mehr der Wahrheit entspricht. Keiner der Autoren kann die genauen Abläufe in den dramatischen Stunden oberhalb des Südsattels umfassend genau nachvollziehen. Jeder erzählt seine Geschichte. Was sicher ist, dass einfach zu viele Fehler gemacht wurden. 

Falscher Stolz, Finanzielle Probleme, nicht beachtete Umkehr-Zeitpunkte, Fehler in der Akklimatisation und Organisation, nicht beachtete Absprachen innerhalb der Gruppen usw.

Jon Krakauer, der professioneller Journalist ist, hat sein Buch schon, sagen wir mal ein wenig reißerisch geschrieben hat, um eventuell die Auflage pushen, um mehr Wind zu erzeugen. Er ist ja bereits vor der Expedition von einer Zeitschrift beauftragt worden, von der Expedition zu berichten. Und da kamen Ihm die tragischen Ereignisse gerade recht. Nach der Veröffentlichung seiner Aufzeichnungen in der Zeitung, war der Aufschrei in Europa und Amerika groß und so verfasste er sein Buch. Schlechte Nachrichten verkaufen sich einfach besser…so traurig wie es auch ist.

Ich persönlich aber glaube den Aufzeichnungen des Kasachen Anatoli Boukreev mehr. Denn er ist Bergsteiger, nur Bergsteiger. Wollte keinen Profit aus den Schicksalen auf dem Südsattel schlagen. Sein Job war es, als einer von drei Bergführern die hoffnungslos überforderten Kunden den Berg hinauf und wieder hinunterzuschaffen. Ohne Ihn, wären am Südsattel mehrere Bergsteiger wegen Erschöpfung und Erfrierens gestorben.

Anatoli wollte ja erst gar kein Buch schreiben, aber durch die Beschuldigungen in Jon Krakauers Buch, die Ihn so richtig getroffen haben, hatte er sich dem Autor G. Weston DeWalt anvertraut, weil er das Ganze nicht so stehen lassen wollte. Tragischerweise kam er 1997 in einer Lawine an der Annapurna ums Leben.

Viele Leute kennen über diese Tragödie nur das Buch von Jon Krakauer, aber wenn man die Hintergründe, die zu den fatalen Entscheidungen der Expeditionsleiter führten, wirklich verstehen will, dann muss man auch das Buch von Anatoli Boukreev lesen. Unglaublich eindrücklich!

 

 

Jon Krakauer – In eisigen Höhen: Das Drama am Mount Everest

 

Jon Krakauer

Piper Verlag

400 Seiten

ISBN: 978-3-492-22970-8

 

 

 

 

Anatoli Boukreev / G. Weston de Walt – Der Gipfel

Anatoli Boukreev

Heyne Verlag

304 Seiten

 

ISBN: 978-3-453-150522


Mai 2023

 

Malte Roeper - 

 

Eine kleine Geschichte des Bergsteigens - Von der Erstbesteigung des Mont Blanc zum Free Solo am El Capitan

Das Bergsteigen an sich hat schon irgendwie eine steile Karriere hingelegt. Von der Freizeitbeschäftigung einiger privilegierter Engländer bis zum heutigen Mainstream-Massensport. Von den ersten Abenteurern mit Kniebundhose und Hanfseil, die ohne Karte und GPS Ihre Wege auf die Gipfel suchten, bis zu den am Stahlseil hinaufziehenden Klettersteig-Liebhabern und Hobbybergsteiger an den 8000er.

Vielseitig wie sonst fast keine andere Freizeitbeschäftigung hat sich der Alpinismus immer wieder neu erfunden. Egal ob beim klassischen Bergsteigen, Höhenbergsteigen, Klettern, Eisklettern, Wandern oder Skitourengehen, um nur einige Richtungen davon zu nennen, vertreiben sich mittlerweile Millionen von Menschen Ihre Zeit in den Bergen. Was für eine besondere Reise, bei der, laut dem Autor, immer wieder der Untergang des Alpinismus befürchtet wurde.

 

Malte Roeper gelingt es die über die letzten Jahrhunderte andauernde Geschichte des Alpinismus sachlich fundiert, unterhaltsam und auf wertschätzende Art und Weise gegenüber den „Helden“ von damals bis heute zu erzählen. Beginnend bei Jaques Balmat und Michel Paccard, die den höchsten Berg der Alpen, den Mont Blanc erstbestiegen, über große Alpinisten in der klassischen Zeit wie Heckmayr und Buhl, aber auch spätere „Helden“ wie Messner, Bonati, Steck oder die Huber Brüder. 

Alle Geschichten enden aber leider irgendwann und so endet dieses Büchlein mit den für Normalbergsteiger unvorstellbar scheinenden Taten der Solokletterer Alex Honnold, Alexander Huber oder Hans-Jörg Auers.

Quasi alles, was Rang und Namen im Bergsteigen hat und hatte, ist in dem kleinen Büchlein erwähnt. Ich konnte das Buch gar nicht weglegen. In erfrischend kurzen Kapiteln reist der Autor durch die Bergsteiger- und Kletterepochen. Das handliche kleine Büchlein lässt zwar leider keine ausschweifende Erzählungen zu, was ich mir ab und an gewünscht hätte, aber das hätte das Format gesprengt. Kompakt und einfach kann man das Büchlein quasi im Rucksack zur nächsten Bergtour mitzunehmen.

 

Alle bedeutenden großen Leistungen im Bergsport werden erzählt, wobei gesellschaftliche Hintergründe, Frauenbergsteigen und soziale Gegebenheiten der jeweiligen Zeit nicht zu kurz kommen. In sich stimmend und sehr gelungen ist es für mich der große Wurf. Ein kleines Meisterwerk, das in keiner Alpinbibliothek fehlen darf. Ein Buch für Alpin-Neulinge aber auch für den gestanden Bergsteiger. 

Malte Roeper – Eine kleine Geschichte des Bergsteigens

 

Malte Roeper

Riva Verlag

176 Seiten

 

ISBN: 978-3742316059


April 2023

 

Laura Dahlmeier - 

"Wenn ich was mach, mach ich`s gscheid"

Ich habe Laura Dahlmeier erst einmal persönlich getroffen. Wir hatten uns bei einem Lawinenvortag von Rudi Mayr in Garmisch-Partenkirchen zufällig auf dem Weg zur Toilette getroffen. Sie war und ist eine Frau ohne Starallüren, einfach ein am Boden gebliebenes bayerisches Mädel zwischen Ihre Freunde von der Bergrettung.

Als ich hörte, dass Laura Dahlmeier ein Buch geschrieben hat, hatte ich es mir gleich vorbestellt. Ich war gespannt, was die sympathische Ex-Ausnahme-Biathletin zu sagen hatte. Sie hatte ja 2019 die Frechheit besessen, einfach Ihre erfolgreiche Karriere an den Nagel zu hängen. Biathlon Deutschland trauerte! Wie sollte es jetzt weitergehen? Viele konnten das nicht verstehen und das Jammern war groß.

 

Auch ich war überrascht, jedoch war es für mich eigentlich nur logisch. Wenn man sich seit Kindertagen immer nur Training, fixierte Sporttermine und dem Rennkalender unterordnen muss, dann bleibt wenig Zeit für das eigentliche Leben, für Freunde, Familie und das Bergsteigen. Nicht dass sie das nicht gerne getan hätte, sie wollte das mit dem Biathlon genauso machen, auch gegen die Meinungen anderen aus Ihrem nahen Umfeld. Sie hat da ihre ganze Leidenschaft, Ihr ganzes Können hineingesteckt, um Ihr großes Ziel, den Olympiasieg zu erreichen. Als sie in Pyeongchang 2018 überragend Doppel-Olympiasiegerin wurde, hatte Sie Ihr großes Ziel erreicht und dadurch auch ein Stück weit die Motivation fürs Weitermachen verloren.

Jetzt rückten zuvor immer in den Hintergrund gedrückte Leidenschaften in den Vordergrund. Die Freiheit machen zu können, was man will. Bergsteigen, wann und wo man will. Unabhängig vom Biathlon-Rennkalender oder anderer Sponsorenverpflichtungen das eigene Studium vorantreiben, in den Bergführerberuf schnuppern, oder beim ZDF die Co-Moderatorenaufgabe für ausgesuchte Biathlonrennen übernehmen. Einfach eben tun und lassen, was einem jungen und dynamischen Mädel aus Garmisch-Partenkirchen so in den Sinn kommt.

Laura schreibt in Ihrem Buch von Freundschaften mit Bergpartnern, heimatlichen Bergerlebnissen und hochkarätigen Touren in den Ost- und Westalpen. Sie erzählt, wie sie Kraft aus der Natur zieht und wie wichtig Ihr der Schutz dieser ist, obwohl sie jahrelang um den Globus gechattet ist. Sie spricht von den Gefahren am Berg und wie sie diese für sich persönlich minimieren will, ohne auf das Abenteuer verzichten zu müssen.

 

Ein unglaublich ehrliches Buch, wo die ruhige, auf dem Boden gebliebene und freundliche Art der Laura Dahlmeier durchkommt. Prädikat lesenswert!

Laura Dahlmeier - Wenn ich was mach, mach ich´s gscheid.

 

Laura Dahlmeier, mit Franziska Kucera

Riva Verlag

224 Seiten

 

ISBN: 978-3-7423-2176-3


März 2023

 

Thomas Huber - 

In den Bergen ist Freiheit, Ein wildes Leben

I war echt überrascht von dem Buch. Ich habe beide der Huber Buam mehrmals in Ihren verschiedenen Vorträgen gesehen. Von Beginn meines Bergsteigens an waren sie meine Helden. Wild, frei, Abenteuersuchend, Kletterkünstler am Fels. Ich war begeistert von Ihren mitnehmenden und anschaulichen Schilderungen. Ich fand Sie durchwegs sympathisch. Weil die beiden auch aus Bayern kommen, nicht aus Österreich, nicht aus Südtirol, der Schweiz oder Frankreich oder einem anderen Land mit großer Alpiner Geschichte. Nein, die beiden Ausnahmekönner, die immer wieder die Grenzen des internationalen Kletterns nach oben geschraubt haben, kommen aus meiner Heimat. Bayern!

Überrascht von dem Buch war ich, weil ich die Spirituelle und tiefgründige Erzählart des Thomas Huber eigentlich nicht so ganz ertragen kann. Da ist mir die gerade, klardenkende, analytische Denkens Art, des Alexander Huber, des anderen Huber Buam, sympathischer. Drum war ich echt gespannt auf das Buch.

 

Ein Huber gibt nicht auf, ein Huber erkennt in jeder Niederlage eine neue Möglichkeit. Wenn man den Ausdruck „Stehaufmännchen“ mit einem Menschen in Verbindung bringen müsste, dann wäre das wohl Thomas Huber. Egal ob der Niederschlag einen finanziellen, sportlichen, gesundheitlichen oder verletzungsbedingten Grund hatte. Thomas Huber schaffte es gestärkt aus solchen Niederlagen zu gehen. Was für eine Energie und Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit!

Er beginnt in seiner Kindheit, die er größtenteils auf einem Bauernhof verbrachte, berichtet von seinen ersten Klettereien, seiner ersten Erstbegehung der Route „Rauhnachtstanz“ mit seinen Bruder.  Seinen ersten abenteuerlichen Kletterfahrten mit Bruder Alexander nach Südtirol. Erzählt ergreifend seine Erlebnisse im Camp4 am El Cap oder am Cerro Torre im stürmischen Patagonien. In kurzweiliger Sprache erzählt der Autor über die Highlights der gefühlt zigtausenden Bergerlebnisse. 

Mit unglaublicher Begeisterung schildert Thomas über seine Expeditionen zu den Granitriesen unserer Welt. Im Karakorum fand und findet er hohe Granittürme wie die Trango Towern, den Ogre oder Latok, allesamt hohe und schwierige Berge, wo Erfolg und Misserfolg so nahe beisammen sind. Erfolge hatte Thomas viele aber ebenso einige Misserfolge. Aber auch von den schwierigen Momenten, wenn er seine geliebte Familie verlassen muss, um seine Leidenschaft auszuleben, weil es braucht, um Leben zu können, um glücklich zu sein.

Unweigerlich kommt man beim Lesen zum Grübeln über sein eigenes Leben. Wie wild und frei ist man wirklich? Lebt man das Leben, was man eigentlich Leben wollte? Ehrlich gesagt wird man ein wenig neidisch auf Thomas Huber. Der es gegen alle Schwierigkeiten und Hindernissen in seinem Leben geschafft hat sein Wunschleben zu leben. Ein Bergsteiger, der das Bergsteigerleben lebt, ja innig liebt! Ihm im positiven Sinn völlig erlegen ist. Respekt Thomas!

 

Ein Buch, das fasziniert und einem förmlich einen Arschtritt verpasst. Ein Buch das uns mitnimmt in das wilde Leben des „Stone Monkeys“. 

Thomas Huber, In den Bergen ist Freiheit Ein wildes Leben

 

Thomas Huber

Malik Verlag

368 Seiten

 

ISBN: 978-3890295213


Februar 2023

 

Horst Höfler, Gerlinde Witt –

 

Katastrophen am Berg - Tragödien der

Alpingeschichte

An mir, der alpinhistorisch sehr interessiert ist und die alten Geschichten und Erzählungen aus der goldenen Bergsteigerzeit liebt, ist dieses Buch bis vor ein paar Jahren komplett vorbei gegangen.

In dem Buch werden nicht, wie man es vielleicht nach dem eher reißerischen Titel vermutet Menschen angeklagt oder Schuldige gesucht. Nein, die Tragödien und Schicksale werden sachlich und sehr informativ aufgearbeitet und dem Leser nähergebracht.

Viele Ereignisse kennt man vom Hören, man ist mit Zufall drüber gestolpert, aber einige der Ereignisse kannte ich persönlich bisher nicht, beziehungsweise kannte ich die Details nicht. Darum war für mich das Lesen der Bergunfälle, Bergstütze, Überschwemmungskatastrophen und Lawinenereignisse unheimlich interessant. Galtür, Eiger Nordwand, Dachstein oder die Seilriss-Tragödie bei der Erstbesteigung des Matterhorns. Zwei der im Buch beschriebenen Ereignisse hatten mich aber besonders berührt.

 

Zum einen war für mich die Überschwemmungskatastrophe im Piavetal unfassbar tragisch, wo Kommunen, geldgeile Firmen, ja sogar Regierungsteile über jedwedes Fachwissen die Warnungen der Geologen und Fachleute als Quacksalberei einfach von sich weißten. Die Verantwortlichen drückten ein Staudammprojekt ohne Rücksicht durch und bekamen durch die Natur die Quittung. Die anschließende gerichtliche Verschleppung schlägt dem Fass den Boden aus.

Das andere Ereignis, das mich beim Lesen sehr beschäftigte, war die Klettertour zweier Jugendlichen in der 1400 Meter hohen Nordwand des Hochwanners. Während sein Kletterpartner beim Abseilen tödlich abstürzte, konnte der Münchner Erwin Vuzem im September 1937 nach Neuneinhalb Tagen!!! mit lediglich zwei erfrorenen Zehen lebend aus der höchsten Wettersteinwand geborgen werden. Was für ein Überlebenswillen, was für ein Glück! 

 

 

Den beiden Autoren ist es gelungen, die oft mitreißenden und herzerweichenden Tragödien chronologisch und anschaulich zu beschreiben. Viele Bilder, Karten und Skizzen helfen dabei die Ereignisse verständlicher zu machen. Das Buch ist für mich uneingeschränkt für den Alpin-Neuling als auch für den alten Bergfex zu empfehlen, zumal es in Antiquariate nur einen Bruchteil des ursprünglichen Preises kostet. Einige Stücke Alpingeschichte einfach erklärt. So mag ich es!

Horst Höfler, Gerlinde Witt – Katastrophen am Berg -Tragödien der Alpingeschichte

 

Horst Höfler, Gerlinde Witt

Bruckmann Verlag

144 Seiten

 

ISBN: 978-3765448621


Januar 2023

 

Sven Plöger und Rolf Schlenker –

Die Alpen und wie sie unser Wetter beeinflussen

Bücher über das Wetter gibt es viele. Für Bergsteiger brauchbare, aber auch viele eher unbrauchbare. Dieses Buch, das ich heute vorstellen will, gehört in den Bücherschrank eines jeden Bergsteigers. Informativ, spannend und anhand vieler Praxisbeispiele, Zeichnungen und Bilder erklärt Sven Plöger, der aus dem ARD Wetter bekannt ist, auf 320 humorvollen Seiten wie die Alpen unser Wetter in Europa beherrschen, ja sogar bestimmen. Sven Plöger und Rolf Schlenker nehmen und auf eine Reise durch die Alpen mit. Erklären uns das oft verwirrende und missverstandene Thema Wetter und Klima einfach und kurz.

Beginnend bei den Grundlagen der Wetterkunde, wo Themen wie Luftdruck, Föhn, Staulagen, und generelle Zusammenhänge geklärt werden, steigen wir im zweiten Kapitel mit den beiden Autoren tiefer in die Thematik ein. Die fünf Vegetationszonen, die in den Alpen auf einigen tausend Höhenmeter komprimiert zu erleben sind und die sich daraus resultierenden Ökosysteme werden genauer betrachtet. Auch auf deren touristische Erschließung und die daraus resultierenden Probleme für Mensch, Flora und Fauna wird eingegangen.

 

Im dritten Kapitel kommt das uns alle jetzt schon gravierend bedrohende Thema Klimawandel zur Sprache. Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Flora und Fauna und auch die dort lebenden Menschen aus. Denn die Gämse kann zum Beispiel weiter in die höheren Bergregionen aufsteigen, wenn es ihr unten zu warm wird, der Gletscher-Hahnenfuß kann seinen Standort nicht so spontan verlagern und wird deshalb auf kurz oder lang verschwinden.

 

Endlich mal ein Buch über Wetter, wo man anschließend schlauer ist, anstatt wie bei vielen anderen Publikationen wo man definitiv verwirrter ist. 

Die Alpen und wie sie unser Wetter beeinflussen

Sven Plöger und Rolf Schlenker

Piper Verlag

320 Seiten

 

ISBN 13 978- -3890295602


Dezember 2022

 

Hermann Buhl - Achttausend drüber und drunter

Wenn dem großen Reinhold Messner bei einer Bergwelten Sendung auf Servus TV über den Nanga Parbat und der einzigartigen Leistung von Hermann Buhl die Tränen kommen, nicht mehr weiter moderieren kann und sich von der Kamera wegdrehen muss, dann kann man auch als Laie, die Leistung des Hermann Buhl am Nanga Parbat schon ein wenig einordnen. Heiß und Kalt wird einem beim Lesen seiner 41-stündigen Leidensgeschichte vom Hochlager 5 auf 6900 Meter bis zum Gipfel und zurück. Ausführlich wurde diese in die Alpin Geschichtsbücher eingegangene Erfolgsgeschichte von der Erstbesteigung des „Schicksalsberg der Deutschen“ in diesem Buch beschrieben.

links die Jubiläumsausgabe.

 

 

Was für ein Bergsteiger, was für eine Leidenschaft und was für eine Liebe zu den Bergen. Hermann Buhl erreichte in seinem nur 33-jährigem Leben einmaliges und nie wieder erreichtes. Durch seine Zähigkeit, seiner unglaublichen Willensstärke und der Fähigkeit in auch noch so schwierigen Verhältnissen, das letzte aus sich herauszuholen war er bewundert, aber auch bei seinen Tourenpartnern gefürchtet. Zeit seines Lebens verfolgte er seine Ziele in den Bergen zielstrebig, ja sogar egoistisch, oft auf Kosten der Familie oder seiner Tourenpartner.

Geboren und aufgewachsen in Innsbruck waren die Berge der Nordkette und des Karwendels sein erstes Betätigungsfeld. Mit einer Wäscheleine als Seilersatz zog er mit Schulfreunden los. Des Öfteren war ihm das Glück, besonders in der Anfangszeit hold. Aber dennoch musste er aber schon früh erkennen, dass der Tod bei jeder Bergtour dabei sein kann. Bremsen konnte Ihn diese Einsicht aber nicht. 1939 tritt er der Jungmannschaft der Innsbrucker Alpenvereins bei. Dort fand er geeignete Mitstreiter, wo er schnell sein Kletter- und Sicherungskönnen steigerte.

 

Die ersten Reisen in die Westalpen finanzierte er sich mit Gelegenheitsjobs wie Skilehrer, Lastenträger und Kirchturmkletterer. Vom heimatlichen Nordtirol wurden immer mehr die Berge der Dolomiten und der Westalpen sein Ziel. Klassiker für Klassiker und schwierigste Kletterfahren bis zum sechsten Grad wurden gemacht. Zu seinen herausragensten Leistungen in den Alpen zählten sicherlich die erste Winterbegehung der Marmolada Südwestwand 1950, die erste Gesamtüberschreitung der Aiguilles von Chamonix 1950 und die erste Solobegehung der Piz Badile Nordostwand 1952, inclusive der abenteuerlichen An- und Abreise mit dem Fahrrad.  Aber auch die erste Winter-Solo-Nachtbegehung im Februar 1953 des Salzburger Wegs an der Watzmann Ostwand zur Vorbereitung für die heiß ersehnte Himalaya Expedition zum Nanga Parbat kann man ohne weiteres dazuzählen. 

Nach dem überwältigenden Erfolg am Nanga Parbat startete Hermann Buhl nochmal eine Expedition in den Himalaya. Diesmal in Eigenregie sollte der Broad Peak das Ziel sein. Im kleinen Team, mit damalig minimalistischer Ausrüstung und im Westalpenstil ohne große Lagerkette und damit seiner Zeit weit voraus, erreichte er mit Kurt Diemberger, Fritz Wintersteller und Marcus Schmuck den höchsten Punkt und seinen zweiten 8000er Gipfel.

 

Wieder im Basislager wollen Kurt und Hermann noch der Chogolisa 7654m einen Besucht abstatten. Durch die gute Akklimatisation kommen die beiden relativ schnell voran und so können sie am 27. Juni 1957 den Gipfelsturm über den Südostgrat starten. Ein plötzlich aufkommender Schneesturm beendet den Gipfeltraum und sie müssen umkehren. Beim Abstieg stürzte Hermann Buhl bei schlechten Sichtverhältnissen mit einer Wechte in den Tod. Eindrucksvoll und fassungslos schildert Kurt Diemberger, sein letzter Tourenpartner, die Geschehnisse an der Chogolisa. 

 

Rechts und oben, eine meiner Raritäten, die Original Erstausgabe von 1954.

 

Was für ein Buch, was für eine Leben. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen. Selten war ich von einem Buch so gefesselt. Eine große Bergsteigerkarriere findet viel zu früh ein fatales Ende. Buhl war seiner Zeit weit voraus und Zeit seines Lebens immer auf Messers Schneide unterwegs. Er schob seine und die Grenzen der Alpenkletterei immer weiter nach oben. Er war das Maß aller Dinge. Obwohl es in seiner Zeit maximal nur den sechsten Klettergrad als „äußerste Schwierigkeit“ gab, kletterte Buhl damals schon diverse Routen, die heute weitaus höher bewertet werden.

 

Trotz seiner herausragenden Kletterkunst verlor Hermann Buhl in vergleichbar einfachem Gelände, auf einem Firngrat, sein Leben. Wie tragisch! Was hätte dieser großartige Alpinist noch alles bewerkstelligen können. Einer meiner alpinen Helden. Eines meiner Lieblingsbücher!

 

Die Originalausgabe von 1954 wurde nach Buhls Tod in diversen Gedächtnisausgaben und Jubiläumsausgaben gekürzt und abgeändert veröffentlicht.

 

2005 wurde wieder eine gekürzte Ausgabe herausgegeben. Diesmal aber mit den wiedergefundenen Originaltagebüchern Hermann Buhls von den Himalaya Expeditionen am Nanga Parbat, dem Broad Peak und der Chogolisa. Leider wurde in der 2005er Ausgabe der Original Buhl Text doch erheblich gekürzt, so dass einige für mich wichtige und anschauliche Teile der Buhl Erzählungen nicht mehr im Buch sind. 

links die Neuausgabe von 2005.

Hermann Buhl - Achttausend drüber und drunter

Nymphenburg Verlag

Erstausgabe 1954

360 Seiten

 

Hermann Buhl - Achttausend drüber und drunter

Büchergilde Gutenberg

Gedächtnisausgabe 1960

365 Seiten

 

Herman Buhl – Achttausend drüber und drunter

Piper Verlag München

2005

 

ISBN13: 978-3-89029-305-5


November 2022

Sebastian Lobinger

Ende im Gelände - Ein Plädoyer für mehr Ursprünglichkeit im Bergsport

Sebastian Lobinger legt den Finger in die Wunde, er will aufrütteln, will darlegen, wie sich der Alpinismus und der Lebensraum Alpen aus seiner Sicht zum schlechteren verändert hat. Noch nie habe ich ein Buch gelesen, das einige der aktuellen Probleme in den geliebten Alpen so schonungslos und ausführlich darlegt. Gerade nach der Corona Pandemie hat der Zulauf in die Alpen noch mal richtig Fahrt aufgenommen. Überfüllte Hütten, überfüllte Parkplätze und schimpfende Einheimische sind Indikatoren für diesen Zustrom.

Vom klassischem Abenteuer-Bergsteigen und den wirklichen Helden in den Zeiten vor und nach dem zweiten Weltkrieg zum Klettersteig Hinaufzieher und Handy-/GPS-Tracking Athleten. Er legt dar, wie sich die Menschen in den Bergen und deren Zugang verändert haben und wie der Mensch die Natur in den Alpen dadurch nachhaltig mit zerstört.

Im Buch geht es auch über den sinnlosen Ausbau der Berghütten zu Wellnesstempel mit Warmwasserduschen, Zweibettzimmer und Sauna und die weitere Erschließung der Alpen mit Infrastruktur, wie Seilbahnen und Fahrwege. Wir sehr wir den Marketing Firmen tag täglich auf den Leim gehen, was alles gemacht wird, dass die Alpen den Vorstellungen der erholungsgierenden Menschen gerecht werden. 

 

Der Tourismus und die alpinen Vereine heizen die eh schon sehr belasteten Alpen noch zusätzlich an. Dadurch das die Menschen den Erholungsraum Alpen immer öfter für sich entdecken, werden diese Probleme immer sichtbarer. 

Was für ein Buch! Es liest sich recht flott und ist von Vokabular einfach gehalten. Ein Buch für Leute, die auch schon mal das Gefühl hatten, dass in den Alpen einiges schief beziehungsweise aus dem Ruder läuft.

Vieles aus dem Buch kann ich voll und ganz bestätigen und bin der gleichen Meinung. Bei einigen Themen muss ich mich wirklich selbst an die Nase fassen. Inwieweit sich der Bergsport wirklich zum schlechteren verändert hat, muss schlussendlich jeder für sich selbst entscheiden, beziehungsweise hoffentlich sein Schlüsse daraus ziehen. Ich finde schon, dass der Autor in einigen Themen den Nagel auf den Kopf getroffen hat und ein bisschen Besinnung auf das Ursprüngliche nicht verkehrt wäre. Ein Aussteigen aus dem Teufelskreis „Schneller, höher, weiter“ würde uns allen helfen.

 

Sebastian Lobinger – Ende im Gelände, Ein Plädoyer für mehr Ursprünglichkeit im Bergsport

Sebastian Lobinger

Independently published – Ohne Verlag

192 Seiten

ISBN: 979-8568357346


Oktober 2022

Anderl Heckmair – Eiger Nordwand, Grandes Jorasses und andere Abenteuer

Wenn man an die goldene Zeit des Bergsteigens im 20. Jahrhunderts denkt, kann man nicht an Anderl Heckmair vorbeikommen. Geboren 1906, in einem Waisenhaus aufgewachsen lernt er früh, dass man für das tägliche Auskommen und die Erfüllung seine Träume kämpfen muss. Trotz seiner bettelarmen Verhältnisse ließ er sich seine Berge nicht nehmen. Mit dem Rad, wie eigentlich alle in dieser harten Zeit, unternahm er große Bergfahrten nach Südtirol, in die Schweiz und sogar nach Afrika. Mit dem Rad! Meist arbeitslos hielt sich der Lebenskünstler mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Schwierige Klettereien in den Dolomiten an der Grandes Jorasses und im gesamten Alpenraum füllten in den frühen dreißiger Jahren sein Tourenbuch. Als er dann 1933, mit Hilfe Willo Welzenbachs, die Erlaubnis für die Teilnahme an der Bergführerprüfung in Innsbruck erhielt, diese mit sehr gut ablegte, ging sein Stern am alpinen Himmel erst so richtig auf. Er war voll in seinem Element. Er wurde zu einem der besten Kletterer der dreißiger Jahre und bestätigte das mit der ersten Durchsteigung der Eiger Nordwand. Was für eine Leistung! In einem Wettersturz führte er sich und seine drei Kameraden im Juli 1938 aus der „Mordwand“. Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete er wieder als Bergführer, wo er viele Kunden auf die Berge der Alpen führte. Wie schon zu Anfang in den zwanziger Jahren legte er später wieder seinen Fokus auf fremde Länder.

 

Er organisierte Expeditionen nach Afrika, Südamerika, Kanada und in den Himalaya. 1969 war er der Initiator für die Gründung des Deutschen Bergführerverbands. Seine interessanten und packenden Vorträge waren stets beliebt und er füllte damit ganze Säle. Bis zu seinem Tod im Jahr 2005 lebte er in Oberstdorf. 

Dieses Buch ist sehr zu Empfehlen. An Wochenenden mit schlechtem Bergwetter ist das genau das richtige Buch um seine innerlichen Abenteuergeist zu aktivieren. Humorvoll und unterhaltsam berichtet der Bergvagabund von seinem Leben. Pures Abenteuer! Es gibt dem Leser einen wunderbaren Überblick über das Leben und Wirken eines Ausnahme-Bergsteigers. Das Wort Abenteuer, wie wir es heute oft für unsere meist harmlosen Bergtouren missbrauchen, war für Ihn das tägliche Leben. Hunger, Entbehrungen, und tagelange Radtouren nach Zermatt, Chamonix oder in die Brenta waren für Ihn und seine Kollegen normal. Dann wartete keine gut ausgestattete, bewirtschaftete Hütte, sondern meist nur Selbstversorgerhütten, Biwaks oder einfaches übernachten in luftigen Viehställen.

 

Für mich gehört Anderl Heckmair in die erste Reihe der Bergsteiger des 20. Jahrhunderts. Einer der besten Deutschen Bergsteiger überhaupt. Sein Leitspruch war zeitlebens „Es kommt nicht auf die Leistung, sondern auf das Erlebnis an“. Irgendwie sympathisch und es trifft die Sache voll.

Anderl Heckmair – Eiger Nordwand, Grandes Jorasses und andere Abenteuer

Anderl Heckmair

AS Verlag, Zürich

240 Seiten

 

ISBN: 978-3905111385


September 2022

Eiger - Die längste Nacht meines Lebens - 

Eine junge Bergsteigerin und ihr Kampf ums Überleben

Das erste Buch, auf das ich auf meiner Seite etwas genauer eingehen will, ist auch das erste Buch einer südtiroler Jungautorin. Andrea Wisthaler, eine aus dem schönen Pustertal stammende Alpinistin fand schon jung die Liebe zu den Bergen. Von den schönen 3000er Ihrer Heimat über die 4000er der Westalpen wurden Alpinklettereien und Hochtouren Ihre Leidenschaft.

Im Jahr 2019 probierte sie mit einem Freund und zwei Bekannten, die sie bei einer Begehung der Watzmann Ostwand kennengelernt hatten, den Mittellegigrat zum Eiger. Auf der Ostegghütte wurde kurz vor dem großen Unternehmen noch einmal übernachtet, bevor sich die vier mit zwei dort getroffenen Belgiern am nächsten Morgen zu dem für sein eigenes Wetter bekannten, geschichtsträchtigen Berg auf machten.

 

Zuerst lief alles wie am Schnürchen, man war flott unterwegs, schnell überwand man die Schlüsselstellen aber kurz unterhalb der rettenden Mittellegihütte kamen die jungen Alpinisten in einen Wettersturz. Aus Niesel wurde Regen, aus Regen Graupel. Schnell wurden eigentlich leichte Passagen unmöglich zu klettern. Das aufkommende Gewitter verschlimmerte Ihre Situation zusätzlich. Die Temperaturen sanken rapide. Sie saßen fest, konnten weder vor noch zurück. Eine Wettlauf gegen die Zeit begann…

Ehrlich, gefühlvoll und schonungslos offen erzählt Andrea von Ihren Erlebnissen, von Fehlern auf dem ausgesetzten Osteggrat. Dieses Buch ist bestimmt kein Heldenepos! Es ist eine unglaublich gut ehrzählte, wahre Begebenheit, die so jeden von uns Hobby-Bergsteigern einmal passieren kann. Deshalb ist sie so fesselnd. Kein Reinhold Messner Buch, der im fernen Himalaya ein Abenteuer knapp überlebt hat und diese Geschichte gekonnt und fantastisch ausschlachtet.

 

Nein, hier schreibt eine von uns über Ihre schlimmste Nacht in den Bergen. Auf dem Mittellegigrat Integral. Hier wird genauso auf die trägen und zugleich tragischen Gruppenentscheidungen eingegangen aber auch auf die positiven und negativen Eigenschaften der einzelnen Seilschaftsmitglieder. Als einzige Frau der Gruppe nimmt Sie uns mit in Ihre Gedankenwelt, lässt uns teilhaben an Ihren Ängsten und Hoffnungen. Eine ehrliche und hilfreiche Fehleranalyse rundet dieses Werk ab. Für mich das Bergbuch der Jahres 2022 und deshalb auch mein erster Buchtipp.

Eiger - Die längste Nacht meines Lebens - Eine junge Bergsteigerin und Ihr Kampf ums Leben

Andrea Wisthaler

Athesia-Tappeiner Verlag

192 fesselnde Seiten

ISBN: 978-8870739824