· 

Inferno Triathlon

Ein Bergsteiger auf Abwegen…

Inferno Triathlon oder der härteste Tag meines Lebens!

 

Schwimmen, Rennrad bzw. MTB fahren und Laufen sind ja eigentlich recht schöne und abwechslungsreiche Sportarten, aber was sich die Herren vom Inferno Triathlon Organisationsteam ausgedacht hatten, ist echt eine harte Prüfung für jeden Ausdauersportler. Denn diese haben diese vier Sportarten richtig nett in einem der atemberaubendsten, spektakulärsten Triathlons in Europa vereint und das auch noch eingebettet zwischen Eiger, Mönch und Jungfrau, drei der schönsten Berge im Berner Oberland.

 

Als ich mich am 3.3.2015 für diesen Wettkampf angemeldet habe war ich, so muss ich jetzt zugeben, schon ein bisschen blauäugig. Zwar weiß ich als Bergsteiger, was 5.500 Höhenmeter und insgesamt 155,1 km bedeuten, aber so richtig wird einem das erst klar, wenn man sich in der Gegend befindet und die Kulisse auf sich wirken lässt.

 

 

 

 

 

Ich reiste am Donnerstag 20.08.2015 mit Andrea vom heimischen Niederbayern ins Berner Oberland nach Lauterbrunnen, wo wir in einer Pension namens Valley-Hostel eincheckten. Noch am gleichen Tag schauten wir uns Lauterbrunnen und einen der vielen Wasserfälle im Tal, den Staubbachfall an. Abends ging es dann ins Oberland Hotel, wo wir uns von der Schweizer Küche überzeugen konnten.

Am nächsten Tag, Freitag 21.08.2015 räumten Markus, Ralf, Manfred, Wolfgang, Gabi und ich unsere Räder mit den Startunterlagen und Wechselbeutel in unsere Autos und fuhren die Sachen in die Wechselzonen Stechelberg, Grindelwald und Oberhofen. Andrea und Brigitte machten derweil einen Klettersteig nahe Stechelberg. Der Plan war, dass wir uns alle dann abends in Mürren bei der Wettkampfbesprechung treffen.

In der Wettkampfbesprechung erfuhren wir einige Neuigkeiten wie Streckenänderungen, Baustellen oder Informationen über gefährliche Stellen auf der Radstrecke. Auch die Regelkunde kam nicht zu kurz. Es wurde auch auf die diversen Cut-off Zeiten hingewiesen, die laut Veranstalter nur der Sicherheit der Teilnehmer galten. Mich persönlich machten diese Cut-Off Zeiten schon ziemlich unsicher…denn man musste auf der gesamten Strecke gewisse Passagen innerhalb einer gewissen Zeit passiert haben um weiter im Wettkampf zu bleiben.

Da der Wettkampftag bereits um 04:00Uhr beginnen sollte, gingen wir früh schlafen. Nach einem spärlichen Frühstück ging es in Fahrgemeinschaften nach Thun, wo um 06:30Uhr der Schwimmstart sein sollte. Noch kurz die letzten organisatorischen Sachen erledigen, dann mussten wir auch schon den Neoprenanzug anziehen. Eine kurze Verabschiedung von Andrea, mit dem Versprechen, dass ich oben ankommen werde und schon ging es Richtung Thuner See, der an diesem Morgen 17Grad warm war. Kaum im Wasser hörte ich schon den Startschuss und es ging los. Ich tauchte ein und fand sehr schnell meinen Rhythmus. Nach ungefähr 1,5 km konnte ich auf eine Gruppe aufschwimmen, in der ich, wie mir mein Coach Ralf Preissl am Tag zuvor sagte, energiesparender unterwegs sein konnte. Es ging mir richtig gut und konnte das Tempo halten. So ging ich auch mit einer Zeit von 57:58 min nach 3,1 km aus dem Wasser. Ein bisschen beflügelt klappte der Wechsel auf´s Rennrad perfekt. Der Rennradkurs war die ersten 2-3 km sehr flach und somit konnte ich gleich mit einem guten Tritt die ersten Teilnehmer schnappen. Auch bei dem ersten Steilaufschwung nach Beatenberg konnte ich einige Plätze gut machen. Leider verlor ich diese gewonnen Plätze bei der Abfahrt nach Unterseen. Es ist echt Wahnsinn wie viel manche Athleten riskieren, nur um ein paar Minuten schneller zu sein. Für ein paar war dieses Risiko wohl doch zu hoch und sie landeten in der Leitplanke oder darüber bzw. darunter.

Ich hielt mich an meine Vorgaben und fuhr nicht schneller als geplant. Am Brienzer See angekommen, ging es die nächsten 40 km ziemlich flach dahin, wo ich wieder Radler überholen konnte. Erst in Willingen wurde es wieder steil, denn dort ging es die rund 1400 hm zur Großen Scheidegg hinauf. Dem gesamten Anstieg ging es mir gut und konnte gut treten und überholte auch Fahrer. Aber wie so oft nach einem Anstieg folgt eine Abfahrt, in der mich wieder einer nach dem anderen überholte…ich blieb aber ruhig und auf Plan. Kurz vor der nächsten Wechselzone konnte ich von hinten Wolfgang hören, dem die ganze Raserei auch ziemlich auf den Wecker zu gehen schien.

Am Schwimmstart im Morgengrauen... 3,1km stehen vor mir.

Über so manches Überholmanöver einiger Fahrer bei der Abfahrt diskutierend, liefen wir gemeinsam in die Wechselzone und machten uns fertig fürs MTB. Dieser Wechsel klappte auch wieder hervorragend und die ersten Meter auf dem MTB waren richtig schön, richtig befreit, ein ganz anderes Radfahren als eben die zurückliegenden 97 km und 2175 hm. Nach einem kurzen Flachstück ging es schon bergauf Richtung Kleine Scheidegg. Ohne Erbarmen ging es die 1180 hm hinauf. Ich fand wieder einen guten Tritt und so holten Wolfgang und ich nach kurzem Markus ein, der zu diesem Zeitpunkt auf dem Zahnfleisch daher kam. Nach kurzen Aufmunterungsversuchen musste Markus abreißen lassen. Ich wünschte ihm viel Glück und ging wieder auf Kurs. Kurz nach Brandegg spürt ich auf einmal meinen Oberschenkelmuskel und musste Wolfgang ziehen lassen…sie verkrampften sich immer wieder...erst konnte ich sie noch durch massieren lockern, aber kurz vor der kleinen Scheidegg ging nix mehr…kein fahren, kein vorwärts oder rückwärts gehen…kein Dehnen half, nix…ich war den Tränen nahe. Was sollte ich machen…ich kann doch nicht aufgeben! Ich will nicht! Ein Versprechen….

Es dauerte nicht lange, dann kam auch schon Markus an und bot mir ein Gel an. Ich lehnte dankbar ab und wünschte ihm Glück!

Ich humpelte nach einer kleinen Pause mit meinem MTB Richtung Kleine Scheidegg.  Auf halber Strecke erschien mir ein Engel, ein Zuschauer bot mir eine Salztablette an, nachdem er erkannte, dass ich vor Krämpfen nicht gehen konnte…

Am dem Rennrad kurz vor dem Brienzer See.

Ich lutschte diese Tablette und kam Schritt für Schritt meinem nächsten Ziel, der kleinen Scheidegg, näher.

Endlich oben angekommen, empfingen mich viele klatschende Hände. Das baute mich ein wenig auf. Ich plünderte die Verpflegungsstation und machte mich an die Abfahrt. Der erste Teil führte leicht abfallend auf einem Schotterweg hinab, dort konnte ich schon wieder ohne Schmerzen auf dem Rad stehen. Juhu, erste positive Gedanken kamen mir in den Kopf… ich könnte es ja doch noch irgendwie auf das Schildhorn schaffen…die Zeit müsste auch noch passen sofern ich einen einigermaßen vernünftigen Berglauf hinlege. Die Verpflegung auf der kleinen Scheidegg zeigte seine Wirkung und somit konnte ich die wilde und rasante MTB Abfahrt ohne stehen zu bleiben abfahren. In Lauterbrunnen angekommen ging es noch einmal 5 km ziemlich flach auf einer Teerstraße zur nächsten Wechselzone nach Stechelberg. Dort angekommen, erst mal Rad abgeben, dann den Applaus der Menschen genießen und ab ins Wechselzelt. Dort erst mal hinsetzen…das war toll! Langsam öffnete ich meinen Wechselbeutel mit den Laufsachen und zog mir die Laufschuhe an. Dann ein kurzer stechender Schmerz in den Waden…ja genau, da war er wieder, mein Begleiter, der Schmerz…Willkommen zurück!  Langsam stand ich auf…versuchte mich vorsichtig zu bewegen…Oh Mann, wie sollte ich mit diesen Beinen 2200 hm und 25 km laufen können? Ich war sauer, richtig enttäuscht! Ich sah mich in der Wechselzone um und ging raus zur Verpflegungsstation. Dort waren sie wieder, die vielen klatschenden Menschen, die einem so viel Energie geben konnten. Ich nahm ein paar Riegel und Gels mit, trank noch einen Schluck Cola und dann ging es ab auf die Laufstrecke.

 

 

 

Mountainbiken in unglaublicher Landschaft. Abfahrt nach Lauterbrunnen.

Da die ersten 5 km sehr flach sind, wollte ich einfach mein normales, gemütliches Tempo versuchen und sehen wie weit es ginge...Überraschend konnte ich relativ gut laufen und eine gute 4:55Pace halten. Erst in Lauterbrunnen, als ich zu dem ersten Steilaufschwung kam, wurde ich gebremst. Ich versuchte einen flotten Gang zu halten, was mir die erste halbe Stunde gelang. Dann ging der Schotterweg in einen wurzeligen Waldweg über, der meinen Waden so gar nicht recht zu passen schien. Auf einen Schlag war sämtliche Motivation und Kraft raus und die Krämpfe wieder da…ich humpelte wieder nach oben. Ich versuchte verschiedene Techniken…seitwärts, rückwärts und viele, viele andere…aber nur mit einer seitlichen Gangart konnte ich einigermaßen nach oben kommen. Mich überholten reihenweise Läufer, aber ich ließ mich nicht von meinen Plan abhalten…ich will da rauf…ein Versprechen…

Ich nahm jede Verpflegungsstation dankbar mit. An jeder Station wurde ich echt lieb umsorgt sobald sie mich angehumpelt kommen sahen… ich schüttete einen Becher warme Brühe nach dem anderen in mich hinein und verabschiedete mich wieder mit ein paar Gels bewaffnet Richtung Schilthorn.

Anscheinend halfen die vielen Gels, denn ich konnte das 4 km Flachstück zwischen Winteregg und Mürren in einem 06:50er  Pace meist laufend überbrücken...In Mürren selbst war der Teufel los…so viel Menschen, die einen anfeuern…genau, das brauchte ich…so dass ich auch durch Mürren laufen konnte! Nach Mürren wurde es aber so richtig steil, dass ich nur noch gehen konnte. Ich schlug wieder meinen Quer-zum-Hang-Gang ein und machte langsam meine Meter. Kurz vor der Schilthornhütte nahm ich nochmal ein Gel und hoffte, dass dann mit Flüssigkeit dort runterzuspülen. Leider kam es zu dem nicht mehr…mein Magen rebellierte, vorher musste ich die ganze Flüssigkeit und die Gels wieder loswerden… Mein Magen konnte die ganzen Zugaben nicht mehr verwerten. Sofort kamen die Helfer vom Verpflegungsstand hergelaufen und stützen mich! Aber ich wollte keine Strafe riskieren und lehnte die helfenden Hände ab. Ich ging weiter, trank das Wasser aus meinen beiden Bechern und versuchte irgendwie auszumachen, wie lange es noch sein konnte bis ich am Gipfel bin und mein Versprechen einlösen kann.

Auf den letzten Metern zum Ziel!

Bei der Kontrollstelle an der Schilthorntraverse fragte ich nach und die Helfer machten mir Hoffnung, dass ich es mit Sicherheit schaffen werde…es wäre noch genug Zeit bis zum Cut-off! Das gab mir wieder Kraft, versuchte ein paar Flachstücke zu laufen und machte weiter meinen Weg zur Kontrollstelle am Birg. Dort wurde man nochmal richtig angefeuert, mit positiver Energie versorgt, bevor es auf dem Grat zum Schilthorngipfel die 1er Kletterstellen zu überwinden galt. Im Normalfall kann man da ohne weiteres drüber gehen, man denkt da gar nicht drüber nach…aber ich war mir überhaupt nicht mehr sicher und musste mich richtig Schritt für Schritt und Griff für Griff konzentrieren. Nachdem die Passagen überwunden waren, ging der Steig, dem Gipfel immer im Sichtfeld, steil Richtung Ziel. Ich war völlig am Ende als ich die Treppenstufen auf das Gipfelplateau stieg. Dort angekommen waren es nur noch wenige Meter bis zum Zielbogen mitten auf dem Plateau. Ich überwand mich nochmal und schickte mich an die letzten Meter laufend zu überwinden. Im Ziel angekommen, nahm man mir den Zeit Chip ab und der Wettkampfleiter gratulierte mir.

Mein nächster Schritt war auf Andrea zu, die freudestrahlend auf mich wartete. Auch Brigitte und die ganze Mehrl-Familie warteten auf mich. Erst jetzt realisierte ich, dass ich es geschafft hatte. Ich war nach 12:34:30 Std. als 155. gesamt und 68. in der Altersklasse endlich am Gipfel des Schilthorn.

Ich bekam eine Rettungsfolie umgehängt und wurde Richtung Verpflegungsstation geleitetet. Dort fand ich Markus und Wolfgang, die bereits ein Bier in der Hand hielten. Gemeinsam stießen wir auf unseren Wettkampf an. Kurz nach mir kam Gabi ins Ziel und kurz vor Zielschluss auch noch Manfred. Also ein perfekter Tag für die Laufstilanalyse-Athleten! Jeder hatte gefinisht!  

Völlig am Ende im Ziel auf dem Schilthorn.

Fazit: Für mich war es ein unglaublich harter Tag, physisch aber auch psychisch. Ich war noch nie so fertig, noch nie so kaputt, noch nie so am Limit. Ich habe noch nie so kämpfen müssen, aber ich kann daraus meine Erkenntnisse ziehen, lernen und mich besonders mit der Verpflegung im Wettkampf beschäftigen, sodass ich in Zukunft von solchen Gewaltaktionen verschont bleibe. Ich war so froh als ich am Gipfel Andrea sah, die an diesem Tag auch 2000 hm wandernd überwunden hatte. So hatten wir beide ein unvergessliches Erlebnis, als wir uns sahen und ich konnte mein Versprechen einlösen… Danke Andrea, Du warst der Grund zum Durchhalten!

Meine Wettkampfdaten:

 

Swim:                              3,1Km                                                   0:57:59Std.

Racebike:                        97km/2145Hm                                   4:22:58Std.

MTB:                                30km/1180Hm                                   2:29:16Std.

Run:                                 25km/2175Hm                                   4:44:15Std.

         

Gesamt:                          155,1km/5400Hm                              12:34:30Std.                 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0