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Hochwanner 2744m - Wettersteingebirge

Aus dem Gaistal auf den zweithöchsten Gipfel Deutschlands

 

Datum: 04.09.2022

Teilnehmer: Robert

 

Gipfel:

Hochwanner 2744m, Prediktstein 2234m

 

Schwierigkeiten: UIAA I+ – 1800hm – 21km

 

Wetter: Wechselspiel zwischen Sonne und Wolken. Gegen Mittag stärkere auch dunkle Bewölkung. Nachmittags eher wieder auflockernd, Angenehme Temperaturen mit leichtem Wind.

Bedingungen: trockener Fels, leicht feuchte Wiesen. Bester Schotter und bröseliger Fels in der Südflanke

 

Strecke: Parkplatz Salzbach P5 1240m – Mitterjöchl 2015m – Hochwanner 2744m –Mitterjöchl 2015m – Prediktstein 2234m – Parkplatz Salzbach P5 1240m

Eine kleine Übersicht der Runde, ohne jeglichen Maßstab!

Der Hochwanner, Bestandteil und höchster Punkt des legendären Wetterstein-Teufelsgrats besitzt viele Gründe ihm aufs Haupt zu steigen. Zum einen hat er die höchste Nordwand der Ostalpen, mit der ich schon jahrelang liebäugle, eine geniale Aussicht auf Wetterstein, Reintal, Jubiläumsgrat und Mieminger Kette und wenn man sich nur die Hauptgipfel in Deutschland ansieht, dann ist der Hochwanner auch der zweithöchste Gipfel im Lande. Wenn man diese Fakten sieht, ist es schon sehr verwunderlich, dass alle Leute auf den Nachbarberg, die abartig verbaute Zugspitze laufen und diesen durchaus imposanten, aber zugegeben bröseligen Gipfel verschmähen.

 

Heute will ich mir mal den Hochwanner und das Gaistal, von dem wir ihm aufs Haupt steigen mal genauer anschauen. Mit dabei ist Robert, der seine Verletzung auskuriert hat und wieder voll motiviert in die Bergschuhe schlüpft. Über München, Garmisch, Mittenwald und Leutasch fahren wir zum hintersten Parkplatz Nummer 5 im Gaistal. 

Auf dem Weg immer den Prediktstein im Blick.

Mit leichtem Rucksack gehen wir die ersten Meter auf einer breiten Forststraße Richtung Hämmermoosalm. Beim Abzweig zur Hämmermoosalm gehen wir aber geradeaus weiter und wandern in angenehmer Steigung immer den Wegweisern Richtung Rotmoosalm folgend entlang. Hier haben wir schon einen wunderbaren Blick zurück zur Hohen Munde aber auch nach vorne zum Prediktstein und zu den Mieminger Bergen. Auf einem schönen Steig kommen wir schnell höher. Wir steigen entlang des Leitenbach, der rechts neben uns gurgelt weiter nach oben. Es ist richtig angenehm und durch die zeitweise Bewölkung auch nicht zu warm. Kurze Zeit später stoßen wir auf die vorher verlassene Forststraße, wo wir nach rechts eindrehen. 

Ein Blick zurück der richtig lohnend ist. Rechts der Doppelgipfel der Hohen Munde, links im Tal der Nebel.

Wir wandern durch lichten Wald und freie Almwiesen weiter nach oben. Über mehrere Serpentinen windet sich die geschotterte Straße nach oben. Nach einer privaten Hütte linker Hand zieht die Schotterstraße in einem großen Bogen zur Rotmoosalm hinauf. Etwa auf halber Höhe, bei einem kleinen Stadel mit Schilderbaum, drehen wir nach links ein. Auf einem schmalen, ausgetretenen Wiesenpfad steigen wir Richtung des deutlich über uns erkennbaren grasigen Sattels, der den Prediktstein mit dem Hauptkamm des Wettersteins an.  

Am Sattel angekommen machen wir erst mal eine Trinkpause und genießen die Aussicht. Nach der kleinen Pause starten wir wieder und steigen Richtung Norden zum Fuß der über uns aufragenden steilen Felswänden auf. Kurz unterhalb der Felsen checke ich nochmal die Karte, weil mir das Gelände nicht gefällt. Robert, wir sind falsch! Wir sind am falschen Sattel nach Norden aufgestiegen. Der Schock war nur kurz. Die gut 120 Höhenmeter werden als Zusatztraining eingebucht und sind gleich wieder vergessen. Wir drehen um und steigen etwas holprig hinunter zum Wanderweg.

Am falschen grasigen Sattel...der uns in die Irre führte...

Wieder am Wanderweg angekommen, gehen wir jetzt westlich ohne nennenswerten Höhenverlust in eine kleine Senke, um auf der anderen Seite auf das Mitterjöchl aufzusteigen. Jetzt passt alles zusammen, die Bilder, die ich bei der Recherche gesehen habe, die Entfernung und die kalkulierte Zeit. Also steigen wir zum zweiten Mal auf einer steilen, weglosen Wiese aufwärts. Weiter oben orientieren wir uns an einer kleinen felsigen Gratkante, auf der sich einige Wegspuren erkennen lassen. Die steile Wiese geht kurze Zeit später in loses Geröll über. Wir müssen uns richtig schinden, um im perfekten Schotter nach oben zu kommen. Irgendwann ist es dann doch geschafft und wir stehen schweißüberströmt vor der technischen Schlüsselstelle der Tour. Ein flacher Kamin, den wir in einfacher Kletterei, nicht schwieriger als UIAA I ersteigen, verlassen wir, oben nach rechts. Im unangenehmen schrofigen Gelände queren wir hinüber zur Südflanke des Hochwanner. 

Hier ist der restliche Aufstieg über die Südflanke gut einsehbar. rechts hinten der Hochwanner Gipfel.

Ohne Weg, nur ab und zu mit Weg- und Trittspuren quälen wir uns nach oben. Die paar vereinzelt stehenden Steinmänner verwirren eher als sie einem helfen. Immer bedacht, so wenig wie möglich Steinschlag auszulösen, steigen wir nach rechts oben. Oben auf einem Sattel angekommen, gehen wir auf einem schwach ausgeprägten Grat Richtung Gipfel. Gefühlt hundert schlechte Wege gehen die Gipfelflanke hinauf, nur kein guter ist dabei. Überall liegen Schotter und absturzbereite Steine auf den Bändern. Höchst vorsichtig kämpfe ich mich weiter höher, um endlich nach gut drei Stunden auf dem zweithöchsten deutschen Gipfel zu stehen. Ich bin ganz allein hier auf dem Gipfel, staune über die Wolkenstimmung und die leider teilweise eingeschränkte Aussicht. Schön ist es! Ich ziehe meine Jacke an und packe meine Jause aus. Jetzt taucht auch Robert am Gipfel auf und wir beglückwünschen uns.

Gemeinsam schauen wir aufs Platt hinüber, vom Südlichen Schneeferner ist aus unserer Warte nichts mehr zu sehen. Vom Nördlichen Schneeferner nur noch ein kläglicher Rest ganz oben. Puh, der schneearme Winter und der niederschlagarme Sommer mit hohen Temperaturen haben richtig zugepackt. 

Impressionen von der Schotter-Südflanke beim finalen Gipfelaufstieg.

Wir können auch viele bekannte, bestiegene und unbestiegene Gipfel ausmachen. Von den Mieminger Bergen, den Plattspitzen, den Wettersteinspitzen, dem Platt selber, der Zugspitze, die Knorrhütte, das Reintal, den Jubiläumsgrat, Blassen- und Gaifgrat lässt die Aussicht fast keine Wünsche übrig.

Nur die Bewölkung wird mehr und mehr. Dunkle Wolken ziehen immer wieder an uns vorbei. So verlassen wir bald darauf den Gipfel, um auch so schnell wie möglich wieder diese mit Steinschlagmunition geladene Flanke verlassen zu können. 

Am Gipfel des Hochwanners. Rechts hinten das Zugspitzplatt mit Zugspitze.

Vorsichtig, aber zügig steigen wir ab. Bergab erkennen wir die Pfade und Trittspuren etwas besser und so funktioniert das mit dem Steinschlagvermeiden recht gut. Unten am Sattel angekommen eiern wir nach ein paar Fotos weiter bergab, hinüber zu Schlüsselstelle, die uns auch im Abstieg keinerlei Schwierigkeiten bereitet. Im perfekten Schotter rauschen wir abfahrend hinunter zum Mitterjöchl, wo wir uns an einer kleinen Bank, die Steine aus den Schuhe klopfen. Schnell noch einen Schluck aus der Wasserflasche und schon geht’s den Weg zurück zum ersten Sattel, wo wir uns beim Aufstieg verstiegen hatten. 

Feinster Schotter auf lockerem Untergrund. 

Am Sattel unterhalb des Prediktsteins angekommen, entscheiden wir uns spontan auch noch den Prediktstein „mitzunehmen“. Nachdem wir recht flott am Wandfuß des steil aufragenden Gipfels sind, entpuppt sich der finale 140 Höhenmeter Anstieg als harmlos. Über steile, abgegriffene Rinnen und Bänder erreichen wir kurze Zeit später auch den höchsten Punkt. Hier hatten wir eine wunderbare Aussicht auf den Hochwanner, das Zugspitzplatt, die Mieminger Kette und die Hohe Munde, die gefühlt direkt neben uns steht. Wir machen nochmal kurz Pause und überschreiten anschließend diesen Wandergipfel. Zuerst steigen wir südöstlich ab, um dann auf einem steilen Wiesenpfad wieder nach Norden einzudrehen und weiter unten, dann auf dem Wanderweg zum Stadel, wo wir beim Aufstieg die breite Forststraße verlassen hatten, zu treffen.

 

Jetzt auf der angenehm zu laufenden Forststraße ließen wir Kilometer für Kilometer hinter uns und erreichten nach gut fünfeinhalb Stunden den Parkplatz Salzbach.

Am Gipfel des Predigtstein den Hochwanner immer fest im Blick.

Fazit: Ich weiß nicht so recht was ich schreiben soll. Muss man diese Tour unbedingt gemacht haben? Nein, definitiv nicht. Aber anders als andere, die sich in den Sozialen Medien über den Schotter und den weglosen Aufstieg zum Hochwanner beschweren, habe ich mich vorbereitet und wusste auf was ich mich einlasse. Ich wollte ganz bewusst auf den Gipfel, abseits der vielbegangenen Wege, um auf einem gewaltigen Aussichtsberg neue Ansichten zu erhalten.  Denn wie sagte einmal der Wirt der Finsteraarhornhütte in den Berner Hochalpen: „Das Problem am Gipfel des Finsteraarhorn ist, dass man das schöne Finsteraarhorn nicht sieht“

 

Die Tour auf den Hochwanner über das Gaistal ist eine Aussichtstour par excellence. Die vielen Serpentinen auf der Forststraße kann man über diverse Steige abkürzen. Ab dem Mitterjöchl ist ein Steinschlaghelm sehr ratsam. Da man ja nicht weiß welche Gestalten vor- oder über einem im steilen Fels poltern.

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