· 

Skidurchquerung Westliche Stubaier Alpen

Teilnehmer: Till, Peppi, Wolfgang, Gabi, Marianne, Albert, Reinhard, Christoph, Christian, Karl-Heinz, Martin

 

Datum: 21.03.2024 – 23.03.2024

 

Gipfel:

Winnebacher Weißkogel Abbruch 80m unter Gipfel

Lüsener Spitze 3230m

Schrankarkogel Wintergipfel 3275m

 

Schwierigkeiten:  ST II-III

Lawine: 2

Verhältnisse: Alle Schneeverhältnisse angetroffen. Meist Sonnen beziehungsweise Windbeeinflusst, ebenso Bruchharsch und Plattenpulver, Sicht oft Diffus.

 

Wetter:

Tag1: Regen und Schneeregen. Wenig Sicht, starker Wind auf dem Winnebachjoch

Tag2: bestes Skitourenwetter

Tag3: bis Mittag gutes Wetter, dann rasche Eintrübung, dichter Schneefall und schlechte Sicht

Tag4: ausgefallen

 

 

Strecke: Gries im Sulztal 1569m – Winnebachhütte 2362m – Winnebachjoch 2788m – Weißkoglferner - Gipfel Aufstieg Winnebacher Weißkogel Abbruch auf 3100m – Weißkogelferner - Winnebachjoch 2788m Westfalenhaus 2273m – Lüsener Fernerboden 1716m – Lüsener Ferner – Lüsener Spitze 3230m – Lüsener Ferner – Berglas Übergang 3000m – Berglastal - Franz Senn Hütte 2147m – Alpeiner Ferner - Wildkarscharte 3168m – Schwarzenbergferner – Schrankarkogel Wintergipfel 3275m – Schwarzenbergferner – In der Sulz – Amberger Hütte 2135m – Gries im Sulztal 1569m

Eine kleine Übersicht unserer Runde, natürlich ohne Masstab.

Wenn man als Skitourengeher an die Stubaier Alpen denkt, denkt man meistens an das Sellraintal. Orte wie Praxmar, Lüsens, Sankt Siegmund oder Gries lassen die Tourengeherherzen höherschlagen. Auch diesmal war eines der Sellrainer Hotspots ein Ausgangspunkt im Winterkalender des Straubinger Alpenvereins. Von Gries aus, als Start- und Endpunkt hatte sich Albert eine schöne Durchquerung der Westlichen Stubaier Alpen ausgedacht. Obwohl ich schon unzählige Male in diesem Skitoureneldorado war, zögerte ich nicht lange mit meiner Anmeldung, denn eine Durchquerung dieser Gebirgsgruppe hatte ich noch nicht gemacht.

 

Der Aufstieg zur Winnebachseehütte...

 

 

Ich war richtig gespannt, als wir in Gries ankamen. Die Wettervorhersage war zwar für unsere geplanten Tage hier nicht besonders berauschend, aber das konnte die Stimmung in der Gruppe nicht verschlechtern. Schon kurz nachdem wir aus dem Bus gestiegen sind, fing es zu nieseln an. Nachdem wir die letzten Schneereste auf einer Kinderpiste bis zur letzten Schneeflocke ausgenutzt hatten, banden wir unsere Ski auf den Rucksack und wanderten den Sommerweg Richtung Winnebachseehütte hinauf. Nach ein paar Kehren konnten wir aber die Ski wieder unter die Schuhe schnallen. Bald ging der Regen in Schnee über und die Sicht wurde jeden Meter den wir höher kamen, schlechter. Erst kurz vor der Winnebachseehütte konnten wir diese sehen. Hier wollten wir kurz Pause machen, uns kurz stärken und aufwärmen. Diese richtig gemütliche Hütte werde ich in Zukunft nochmal besuchen. Selten habe ich so eine sympathische und freundliche Hütte besucht.

 

 

Kurze Zeit später stiegen wir wieder in unsere Skibindungen. Unser nächstes Ziel sollte das Winnebachjoch sein. Im diffusen Licht und schwierigen Sichtverhältnissen durchwanderten wir das Winnebachkar in nördlicher Richtung. Wir teilten uns in zwei Gruppen auf, wobei die erste durch die Spurarbeit nicht unbedingt schneller war.

Das Winnebachkar Richtung Winnbachjoch.

 

 

Am Winnebachjoch angekommen, empfing uns ein kalter und unangenehmer Wind. Hier mussten wir uns entscheiden, ob wir trotz der schlechten Sicht und des Windes an unserem heutigen Gipfelziel festhalten wollten. Ganz klar, Team Extrawurst entschied sich es zu versuchen. Christian, Till und ich wollten es versuchen, der Rest fuhr die Hänge zum Westfalenhaus ab. Zu dritt gingen wir vom Winnebachjoch Richtung Norden ziemlich steil zu den Resten des Weißkogelferners hinauf. In steilen Spitzkehren stiegen wir, teilweise im Blindflug einen bestimmt einen 40 Grad Hang hinauf. Oben auf dem Gletscher angekommen drehten wir nach Westen ein und gingen bis zum Ende des Kars, wo uns ein gewaltiger Steilhang aufnahm. Hier war der Baumeister der Lawinen in den letzten Stunden nicht untätig. Riesige Triebschneepakete lagerte er vom flachen Gipfelplateau in den steilen Hang. Wir stiegen vorsichtig und mit großem Abstand höher, aber irgendwann mussten wir erkennen, dass der Gipfel für uns heute nicht drin sein wird. 80 Höhenmeter unter dem Gipfel musste wir umdrehen. Wir bauten um, fuhren einzeln ab und tasteten uns bei 5 Meter Sicht unseren Aufstiegsspuren folgend zurück zum Winnebachjoch. 

Gerne wäre ich auf den von mir noch unbestiegenen Sellrainer Gipfel gestanden. Aber man weiß einfach nicht, wann das Glück überstrapaziert ist und der nächste Schritt, der eine Zuviel ist. Der Berg steht ja noch länger.

Am Winnebachjoch angekommen, suchten wir uns im Schneesturm den besten Abfahrtsweg über eine erste Steilstufe ins Ochsenkar. Hier erwartete uns bester Plattenpulver. Was für eine Schinderei die eigentlich wunderbar geneigten Hänge im Bruchharsch hinunter fahren zu müssen. Aber irgendwann war die Quälerei zu Ende und wir konnten die Ski in den Skiraum des schön gelegenen Westfalenhaus reinstellen. 

 

 

Am nächsten Tag war der Übergang zu Franz Senn Hütte geplant. Hierbei konnte man einen auf dem Weg liegenden 3000er mitnehmen. Ich vereinbarte mit Till das wir uns diese Möglichkeit nicht entgehen lassen wollten. Über eine bockharte Flanke fuhren wir das Längental Richtung Lüsener Fernerboden ab. Die Steilpassage kurz vor dem Fernerboden war eher als Bobbahn zu gebrauchen. Wildes Umspringen und Abrutschen waren oft die einzige Möglichkeit ohne Sturz hinunter zukommen. 

 

Auf dem Weg zur Lüsener Spitze.

 

 

Unten auf der Loipe im Fernerboden angekommen, sammelten wir unsere Knochen und bauten unsere Ski auf Aufstieg um. Jetzt stand uns die oft nur mit Harscheisen begehbare Steilflanke zum Lüsener Ferner bevor. Wie auch schon bei meiner Besteigung des Lüsener Fernerkogels mussten wir auch heute die Harscheisen benutzen. Albert führte uns sehr gut durch die teils sehr unübersichtliche Flanke. Oben in der Sonne angekommen, entschieden sich Till und Christian für die Besteigung des Lüsener Fernerkogels über die Ostrinne. Ich hingegen konnte mich nicht dafür erwärmen, da ich heute irgendwie nicht recht aus den Puschen kam, mich nicht recht motivieren konnte und somit lieber das Normalprogramm mit Lüsener Spitze machen wollte.

 

 

Die beiden verließen uns und wir stiegen zu dritt weiter Richtung Lüsener Spitze, links der plattigen Wand hinauf.  Es ist immer wieder schön diesen besonders im Winter beeindruckende Gletscherfläche des Lüsener Ferners zu sehen. Rinnenspitze, Berglasspitze, die beiden Wilden Hinterbergl, die Brunnenkogel Gipfel und die heute von uns ausgewählte Lüsener Spitze umrahmen dieses unberührte Weiß. In einem großen Linksbogen drehten wir auf einer guten Spur Richtung Nordflanke der Lüsener Spitze ein. Über ein paar wenige Spitzkehren kamen wir bis unter die oberen Begrenzungsfelsen. Hier ging es nur noch zu Fuß weiter. Mit den Ski auf dem Rucksack kletterten wir im guten Trittschnee zwischen den Steinen 30 Meter die steile Flanke hinauf. Oben angekommen, kamen die Ski wieder unter die Füßen, um den Gipfelaufbau südlich zu umgehen und über eine steile Schneeflanke den Gipfel mit Ski zu erreichen. Was für eine Aussicht! 

Ein Bild vom Gipfel der Lüsener Spitze. Blickrichtung über den Lüsener Ferner in das Tourengebiet der Franz Senn Hütte.

 

Nach einer ausgiebigen Pause fuhren wir die Gipfelflanke hinunter, um über einen südlich davon gelegenen Kessel den Lüsener Ferner zu erreichen. Unten am flachen Gletscher angekommen spurten wir im unberührten Schnee hinüber zum Berglasübergang, einen vergleichsweise sanften Übergang ins Tourengebiet der Franz Senn Hütte.

Die Abfahrt war im recht Sonnenbeeinflussten Hang des Berglastals bestimmt kein besonderer Genuss. Mit viel Krafteinsatz in den Schwüngen gelang uns diese Abfahrt aber auch ohne größere Ausfälle. Unten am Alpeiner Bach angekommen, konnten wir das Tal bis zur Franz Senn Hütte hinausgleiten. Hier konnten wir es uns auf der Hüttenterrasse gemütlich machen und das eine oder andere Kaltgetränk zu uns nehmen.

 

Am nächsten Tag war Team Extrawurst wieder komplett unterwegs. Während der Großteil der Gruppe für heute den Schneegupf beziehungsweise Wintergipfel des Schrankarkogels anvisierte, wollten wir mit dem Schrandele ein anspruchsvolleres Ziel realisieren. Was uns aber von diesem Plan abhalten könnte, war eine Kaltfront, die bereits am frühen Nachmittag Schneebringend die Stubaier Alpen erreichen sollte. 

 

Bilder vom Aufstieg zur Wildkarscharte.

 

 

Aber wir planten einfach mal mit dem Idealfall und reduzieren dann das Ziel je nach Wetterlage. Bereits um 6:15 Uhr starten wir von der Franz Senn Hütte, um möglichst viel Zeit bis zur Kaltfront zu haben. Auf der glatt polierten Spur ins Alpeiner Tal hinter ging es schnell ohne viel Kraftaufwand. Erst weit hinten im Tal, wo wir den Steilaufschwung zum Alpeiner Ferner angingen verlangsamten wir unser Tempo. Tiefe Spurarbeit zur Wildgratscharte war angesagt! Im stetigen Wechsel spurten wir das Kar mit der Ruderhofspitze im Rücken hinauf zur Scharte. Starker Wind und Schneeverwehungen erschwerten unseren Aufstieg und das kostete uns richtig Zeit. Die letzten Höhenmeter und Spitzkehren zu den unteren Felsen der Wildkarscharte erledigte Christian für uns. Wir bauten die Ski an den Rucksack, die Steigeisen unter die Füße und stiegen dann die steile Rinne zur Scharte hinauf. Mit Steigeisen war das schon wesentlich angenehmer und sicherer. Oben angekommen konnten wir weit unten unsere Kameraden sehen.

 

Wir konzentrierten uns aber jetzt auf unseren Abstieg von der Wildgratscharte. Das Wetter hatte sich mittlerweile stark eingetrübt. Starker Wind kündigte die nahe Front an, eher überpünktlich. Über einen steilen Klettersteig sollten wir auf den Schwarzenberg Ferner weit unter uns kommen. Till spurte über Schneebedeckte Felsen zum Einstieg des Klettersteigs. Wir hatten Glück, große Teil des Seils lagen frei von Schnee. Wir klickten unsere Bandschlingen ein und stiegen die ersten Meter hinunter. Die Schwierigkeit wurde ich mit C oder C/D einschätzen. Im mittleren Teil war es dann so weit. Das Stahlseil lag etwa auf 10 -15 Meter Länge unter dem Schnee, so dass wir überlegten, was wir machen sollten. Ausgraben, Abseilen oder frei absteigen? Da der Schnee gut trittfest war entschieden wir uns für die schnellere Variante. Schnell erreichten wir das freie Stahlseil und konnten unseren Abstieg zum Schwarzenberg Ferner fortsetzen.

Unten angekommen beratschlagen wir kurz. Das Schrandele konnten wir knicken, aber der Wintergipfel vom Schrankarkogels könnte sich noch ausgehen. Till war als erster fertig und spurte den flachen Gletscher schon mal voraus Richtung Schrankarkogel. Wir folgten in Abständen.

 

Kurz vor der rasch aufsteilenden Flanke erreichten wir die Aufstiegsspur einer vor uns gehenden Gruppe, die wir gerne annahmen. Das Wetter war mittlerweile richtig mies. Schneegraupel und sehr begrenzte Sicht war zwar im Aufstieg kein Problem aber für die Abfahrt machte ich mir schon Sorgen. 

Im oberen Teil des Klettersteigs... am Himmel zieht die Kaltfront schon auf - viel früher als erwartet.

Wir stiegen die letzten Meter mit Harscheisen zum höchsten Punkt. Nur kurz hielten wir uns auf. Die Aussicht war quasi nicht vorhanden und so reduzierten wir unseren Stopp am Gipfel auf das nötigste. Anziehen, umbauen, abfahren. Die Abfahrt in der steilen 40 Grad Flanke hatte es in sich. Schlechter Schnee, keine Sicht und Schneegraupel. Ein Blindflug und das im Plattenpulver. Die ersten Schwünge waren eher Sprünge. Langsam tastete ich mich hinunter. Auf einmal ging alles ganz schnell. Bei einem der Sprünge verlor ich das Gleichgewicht und der Schwung des mit dem Seil zusätzlich beschwerten Rucksack machte den Rest. Ich machte einen Purzelbaum, konnte aber den Totalabsturz vermeiden. Schnell fasste ich mich wieder, befreite mich vom Schnee und sortierte meine Ski. Alles war noch gut, nix tat weh, nur der eine Brillenbügel stand etwas komisch nach oben. Diese war nicht mehr zu gebrauchen. Ich packte sie in die Jackentasche und nach einem kurzen Durchschnaufer setzte ich meine Abfahrt, jedoch ohne Brille fort.

Wildkarscharte - Abstieg zum Schwarzenbergferner

 

Unten auf dem flachen Gletscher warteten meine Kollegen. Langsam, mit ein wenig mehr Vorsicht als vorher ziehe ich meine Schwünge in den flacher werdenden Schnee. Unten angekommen, erfrage ich mir eine Sonnenbrille, da das diffuse Licht in Kombination mit dem mittlerweile eingesetzten Schneefall in den Augen brennt.

Mit neuer Brille und neuem Mut fahren wir die perfekt geneigten Hänge hinunter. Bruchharsch, Windbeeinflusster Schnee und zeitweise sogar kurze Pulverpassagen wechseln sich unvorhersagbar ab. Die Abfahrt wird zur Quälerei. Endlich im Talboden der Amberger Hütte angekommen schieben und skaten wir Richtung Hütte hinaus.

Eigentlich wollten wir auf der Amberger Hütte noch eine Nacht bleiben, um am nächsten Tag das wunderbare Tourengelände der Hütte auszunutzen, aber leider wurde uns eine Eine-Nacht-Buchung am Wochenende von der Hüttenleitung verwehrt. Was für ein Hochmut!

 

So machten wir, auch wegen der Kaltfront, die sich mittlerweile mit starkem Schneefall bemerkbar machte, nur eine kurze Mittagspause und fuhren dann im dichten Schneetreiben auf der Rodelbahn zurück nach Gries. 

 

 

Schlechtwetter am Schwarzenbergferner auf dem Weg zum Schrankarkogel...

 

Fazit: Das schöne bei so Skidurchquerungen ist, dass man im Vorhinein, ähnlich wie bei Forrest Gumps Pralinenschachtel nie weiß, was man bekommt. Man muss einfach mit den gerade vorherrschenden Wetter- und Schneebedingungen umgehen und dementsprechend handeln, verkürzen, abändern. Wir hatten einen durch Neuschnee, Wind und schlechter Sicht vermiesten ersten Tag. Einen perfekten zweiten Tag und eine gute erste Hälfte des dritten Tag. Der vierte Tag wurde uns von der Kaltfront weggeblasen.

 

Ich würde sagen, wir haben das Beste aus unserer Situation gemacht. Wir sind durchgekommen. Es hat mir Spaß gemacht, bei eben nicht perfekten Bedingungen und das ist das Schöne daran. Danke an Albert der die Organisation übernommen hatte und an Peppi für die Co-Leitung.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0